Kommentar

Wiener Tourismus boomt dank Einwanderung!

Günther Ogris

Bei jedem Spaziergang durch die Stadt wird klar: Menschen aus dem Ausland füllen unsere Gassen, Straßen und Plätze. Im Sommer sind die Straßen Wiens von Touristen aus aller Welt bevölkert. Der Erfolg des Tourismussektors ist überall spürbar. Die Statistik Austria hat Ende Juni eine Studie präsentiert, in der gezeigt wurde, dass die Wiener Bevölkerung den Tourismus überwiegend positiv sieht. Wir sind stolz auf diese Stadt, die man wirklich herzeigen kann. Aber wem haben wir diesen Erfolg zu verdanken – wer macht die ganze Arbeit?

Der Tourismus ist ein Beispiel dafür, wie sehr wir von Einwanderung profitieren. Wien ist eine der beliebtesten Reisezielen Europas und verzeichnet im Jahr 2024 über acht Millionen Gästeankünfte. Diese stetig steigende Zahl setzt sich zusammen aus 1,8 Millionen österreichischen und 6,3 Millionen internationalen Touristen. Der Tourismussektor ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Wiens, schafft zahlreiche Arbeitsplätze und trägt erheblich zum Wohlstand der Stadt bei. Ohne die engagierten und qualifizierten Arbeitskräfte mit Einwanderungshintergrund wäre dieser Erfolg kaum denkbar. Laut Mikrozensus der Statistik Austria sind 73 % aller Beschäftigten in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche Einwanderer oder Kinder von Einwanderern. Das bedeutet, dass die eingewanderten Wienerinnen und Wiener maßgeblich für die Funktionsfähigkeit und den Erfolg des Tourismus in Wien verantwortlich sind.

Besonders in den Bereichen Gastronomie und Hotellerie sind Menschen mit Einwanderungshintergrund unverzichtbar. So arbeiten in rund 6.000 gastronomischen Betrieben wie Restaurants, Bars und Cafés etwa 11.000 Köchinnen und Köche mit Einwanderungsgeschichte. Über 76 % dieser Köche stammen aus dem Ausland, wobei die höchsten Anteile in den Altersgruppen ab 40 Jahren zu finden sind. Auch im Servicebereich sind die Zahlen beeindruckend: Mehr als 70 % der Kellnerinnen und Barkeeper in Wien haben Einwanderungshintergrund, was in absoluten Zahlen rund 13.000 Personen ausmacht. Besonders in den Altersgruppen zwischen 30 und 59 Jahren liegt der Anteil an Mitarbeitenden mit Einwanderungsgeschichte bei bis zu 84 %. Diese Zahlen verdeutlichen, wie sehr in der Gastronomie Wiens internationale Vielfalt gelebt wird.

Jeder zwölfte Mitarbeitende in der Branche kommt aus Syrien, Afghanistan oder Afrika. Tourismus und Gastronomie sind also nicht nur für Menschen spannend, die als Gäste nach Wien kommen, sondern auch für jene, die flüchten mussten und in Wien Schutz und Sicherheit suchten.

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung zeigt die Einwanderung auch die kulturelle Offenheit Wiens. Die Stadt lebt von ihrer Vielfalt, die sich im Stadtbild, in der Gastronomie, in kulturellen Angeboten und im Alltag widerspiegelt. Diese multikulturelle Atmosphäre macht Wien zu einem einzigartigen Ort, der sowohl Einheimischen als auch Touristen ein Gefühl der Weltoffenheit vermittelt. Die internationale Herkunft der Mitarbeitenden sorgt für authentische kulinarische Angebote, die die Vielfalt der Welt in Wien erlebbar machen. So ist es kein Zufall, dass Wien bei Touristen so hoch im Kurs steht: Die Stadt lebt von ihrer internationalen Ausstrahlung und der Fähigkeit, Menschen aus aller Welt willkommen zu heißen.

Darüber hinaus trägt die Zuwanderung zur Stabilität des Arbeitsmarktes bei. In Zeiten des Fachkräftemangels, der in vielen Branchen spürbar ist, füllt die Einwanderung Lücken und sorgt für eine kontinuierliche Versorgung mit qualifizierten Arbeitskräften. Besonders im Bereich der Gastronomie, der auf Fachkräfte aus aller Welt angewiesen ist, zeigt sich, wie essenziell Einwanderer für die Aufrechterhaltung der Wirtschaftsfähigkeit Wiens sind. Ihre Bereitschaft, in einem dynamischen, oft auch saisonabhängigen Sektor zu arbeiten, trägt maßgeblich dazu bei, die hohen Standards und die Servicequalität der Stadt aufrechtzuerhalten.

Nicht zuletzt profitieren auch die Einwanderer selbst von ihrer Zuwanderung nach Wien. Sie finden Arbeitsplätze, die ihnen oft eine bessere wirtschaftliche Perspektive bieten als in ihrer Heimat, und tragen durch ihre Arbeit zur sozialen Integration bei. Einwanderung wird so zu einem Win-Win-Szenario: Wien profitiert durch ihre Vielfalt, ihre Fachkompetenz und ihre Arbeitskraft, während die Einwanderer die Chance auf ein besseres Leben erhalten.

Günther Ogris, MA

… geb. 1960, wissenschaftlicher Methodologe, von 1996 bis 2023 wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des SORA-Institutes, seit 2024 wissenschaftlicher Leiter der Mediatest Research GmbH und Vorsitzender des dema!institutes, #Demokratie für alle.

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Glück gehabt. Ich lebe in einem Einwanderungsland. 

Seit meiner Geburt lebe ich in Wien. Damals in den 60er Jahren war Wien ziemlich grau. Nicht nur die Häuserfassaden und die Haarfarbe der Menschen, auch die Röcke, die Jacken und die Mäntel. Die Farbe Grau war das Symbol der weit verbreiteten Altersarmut. Wien war eine verschlafene Stadt und hatte ein verschlafenes Image. Die Bevölkerung wurde weniger, bis Anfang der 90er Jahre gab es mehr Abwanderung als Einwanderung in Wien, und das, obwohl Menschen aus Jugoslawien und der Türkei als Gastarbeiter angeworben wurden.